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28. November 2011 1 28 /11 /November /2011 04:10

Ilongo ist eine lustige Sprache. Abgesehen davon dass sie total simpel ist, hat sie ein schräges Eigenleben. Ich hab ja bereits gesagt, dass ``Kamot`` Hand heißt. Allerdings muss ich das relativieren, denn an unser kärntnerisches ``Kamot`` kommt das ilongische nicht heran, denn die Kamotheit unseres Wortes liegt ganz und gar auf der langgezogenen Betonung des mittigen Vokals ``O``, was dem uns ein Gefühl der lässigen Lockerheit gibt. Die Filipinos sprechen dieses ``O`` dermaßen steif  und schnell aus, dass man glaubt, die haben nichts zu lachen, mit ihren Handgelenken. Purer Ernst.

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Jedenfalls wurde mir heute erklärt, dass es drei verschiedene Sprechweisen um etwas als gut kennzuzeichnen gibt. Ich hab jetzt grad leider die Wörter vergessen, werd deshalb hier das schreiben, was in meinem Kopf davon übrig geblieben ist. Dá ihr aber allesamt (mit Ausnahme ehemaliger Phils-Volos) eh keine Ahnung von der Sprache habt, ist das eh wurscht.


Sagot Ako sa Futbol – Gut ich in Fussball

Nigit ako sa akon pantalones – Gut ich in meine Hosen (ich glaub das soll so viel heißen, wie: ich bin befreundet mit meinen Hosen, wer will das nicht?)

Maayo Ako – Ich gut (also -  mir gehts gut)


Wenn in einem Wort zwei gleiche Vokale (wie in Maayo) vorkommen, so wird zwischen diesen Vokalenkurz gestoppt und dann weitergesprochen. Also ``Ma_ayo``. Stellt euch einfach vor, eure Sprache haut sich ganz kurz ihren Kopf an einer Wand an. Aber wirklich sehr kurz, manchmal fast unkenntlich.

Eine weitere Eigenart ist die Zählweise, die eigentlich dem Spanischen entnommen ist, allerdings erst ab ``once``, also 11. Also wird anfangs (1-10) auf Ilongo gezählt, und dann wird plötzlich nach Spanien gewechselt. Ich hätt mich gefreut, wenn sie ab hundert dann wieder eine Mischung machen, also sowas wie Ciento y Isa – was hundert und eins wäre.

Andere Sachen sind sowas wie ``Ah``. Ich sag das, wenn mich etwas überrascht, oder wenn mir plötzlich eine Veränderung mitgeteilt wird. Ich glaube das wird verstanden. Zumindest von euch, nicht aber von Filipinos, die wiederholen dann nämlich immer das bereits gesagte. Denn bei Filipinos heißt das ``Ah`` nämlich ``Wie bitte?``. Und ``Ja`` ist ``Oo``. Da ich gern ``Oh oh`` sage, wenn etwas nicht ist wie es sein sollte, gibts da ab und zu Missverständnisse. Ist aber eher lustig als problematisch, und so wird man wenigstens immer wieder daran erinnert, dass man doch irgednwie fremd ist.

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Ich bleibe beim Wort ``Fremd``. Ich hab euch nämlich noch gar nicht die Umgebung beschrieben in der ich wohne. Nun, dass ich ziemlich am Land lebe, lies sich bereits erkennen, aber philipinische Pampa sieht nicht so aus wie unsere. Wie bereits gesagt bin ich rund 2 Stunden von Iloilo City entfernt, Obwohl es eigentlich nur knappe 50 Kilometer sind, aber das Gebiet rund um die Stadt ist von Verkehr nur so verseucht. Wenn man unterwegs ist, via Jeepney, hat man meistens doch eine verhältnismäßig gute Sicht auf die Umgebung. Die ist selten unbesiedelt, oft verwandelt sich ein Ort übergangslos in einen anderen, und wenn es Verbindungsglieder oder wohnfreie Strecken gibt, sind das meistens weitreichende Reisfelder, die von einigen Leuten über den gesamten Tag bearbeitet werden. Das ist bei dieser Hitze sehr extrem. Eigentlich wiederholt sich Vieles. Vielleicht bin ich ein Banause, aber sowohl kleinere Städte (ich war erst in zwei) als auch Dörfer schauen alle irgendwie gleich aus. Elend sieht man überall, aber nicht im stereotypischen Sinne a lá bettelnde Straßenkinder, oder Slumregionen. Gibts auch, aber meistens auf Suburbs beschränkt. Ich meine eher die Art und Weise, wie Existenz hier aussieht. Der Müll ist überall, und stellt ein großes Problem dar. Es gibt keine regionale Müllentsorgung, also wird alles verbrannt, und wenn man unterwegs ist, kommt es sehr oft vor, dass man in eine Rauchschwade fährt. An den Straßenecken sind öfters graue oder giftgrüne Rinnsale zu sehen die Hand in Hand mit dem Müll gehen.


Ebenso sieht man oft Masten, an denen komplett offene Stromkästchen und Apparaturen angebracht sind. Diese sind oft illegal errichtet, und versorgen ein paar Häuserblöcke mit Elektrizität. Keine Warnung aber vor Hochspannung oder Lebensgefahr (wobei solche Sachen von den Kindern dort ohnehin verstanden werden).  Menschen sieht man drei Sachen tun. Arbeiten, Warten, oder Basket/Fussball spielen, letzteres bezieht sich fast ausschließlich auf Jugendliche.

Die Dörfer selbst bestehen aus einer Hauptstraße, die als einzige asphaltiert ist, und eine Bambushütte nach der anderen zeigt. Fast jede hat irgednetwas anzubieten. Süßigkeiten für Schulkinder, ein paar Dosen, ein paar Hygieneartikel, massenweise 3 in 1 Kaffee. Das ist das meistgesehene Bild. Manchmal mehr oder manchmal weniger. Die Abzweigungen führen meistens zu weiteren Wohngebieten, die ich ab Einbruch der Dunkelheit nicht mehr besuchen sollte. Grundsätzlich meide ich die Dunkelheit eher, und bin dann meistens schon wieder im Projekt. Das Projekt hab ich mir trotz der Bilder immer anders vorgestellt, zumindest in einer Hinsicht: In meinem Kopf hatte zu meinem Projekt immer ein Kieselsteinweg geführt, überall Palmen, hohes Gras, pure Pampa. Nun, da aber auch stadtauswärts eine starke Einwohnerdichte herrscht, ist das mit der puren Pampa nicht wahr. Außerdem hat das Boys Home vor längerer Zeit schon einen asphaltierten Weg erhalten. Aber immerhin, wenn ich mich circa zwei Minuten vom Eingang nach links (Norden) begebe, habe ich meinen Kieselsteinweg, meine Jugendlichen die halbnackt Fussball spielen (mit einem Lumpenball), und das hohe Gras. Palmen hat man überall, das war wenigstens vorstellungsgleich. Und Müll gibts für ein ganzes Leben genug.


Die Gerüche sind auch anders, das ist mir zumindest die erste Woche aufgefallen. An Gerüche gewöhnt man sich ziemlich schnell, einzig und allein in Küchen fällts mir auf, dass ich aus einem anderen Geruchskontinent komme. Da das Essen anders ist, riechen auch Küchen ganz anders, logisch. Richtig schlechte Erfahrungen hab ich bis jetzt aber nur mit ``Dried Fish`` gehabt. Mit dem Geruch kann man mich jagen. Kennt ihr Kohlsuppen-Geruch? Der ist herrlich dagegen, eine Wohltat für die Nase. Dried Fish dagegen riecht wie das gräßlichste Hundetrockenfutter in 10-facher Intensität in einem Pariser-Metro-Klo (das stell ich mir ungeheuer stinkig vor). Das Problem ist aber, dass es nichts billigeres gibt, deshalb ist es sehr beliebt. Wenn die Jungs Dried Fish essen, bin ich vom Dienst befreit, was auch offiziell von den Fathers bestätigt ist.

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Nun aber kurz zum Geschehen. Es hat sich seit dem letzten Mal nicht wirklich viel getan, die Weihnachtsdekoration sowie einhergehende kommerzielle Radio-Klänge werden mit jedem Tag mehr, Father Noel ist von seinen Reisen zurück, und Brother Luke sucht um eine Verlängerung seiner Arbeit an, da er das Projekt inzwischen sehr gern hat, und weiterhelfen will, was mich natürlich sehr freut, denn erstens ist er ein toller Kerl, zweitens ist Arbeitsaufteilung schon allein wegen den flexibleren Essenszeiten sehr angenehm, und drittens ist es gut für die Kinder, denn er ist vielseitig talentiert. Fix ist es noch nicht, aber ich hoff es haut hin.


Am supersten ist aber die Tatsache, dass ich endlich wieder, das erste Mal seit zwei Jahren, zum Pinsel gegriffen habe. Ich wurde gefragt, ob ich die Szene der Geburt des Jesuskindes malen kann, und das war für mich eine einmalige Gelegenheit, meine Drawing Class zu bewerben. Es wurden sogar noch ein paar alte Acryl-Farben gefunden wie auch zwei zerborstene Pinsel. In Österreich hätt ich gelacht, wenn jemand mir solche Pinsel andrehen würde. Hier hab ich sie angehimmelt und mich wie ein Kind gefreut, und seit Freitag male ich bei jeder freien Minute. Den Jungs taugts, die sind ziemlich beeindruckt. Heute werd ich wahrscheinlich ein bisschen neues Equipment für die Malerei besorgen, denn über Blei-und Buntstift Zeichnungen sind manche schon hinaus.

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Mit dem bedrohlich näherkommenden Dezember bekommen die Kinder auch bereits erste Geschenke. Und das war eines meiner schönsten Erlebnisse bisher, denn ich bin schon so verseucht von erwachsenem Geschenkegeschenktbekommen, dass ich ganz vergessen hab, wie großartig Spielsachen eigentlich sind. Einfache Autos, Lokomotiven und Gleise, Brettspiele und (wie sich später herausstellte – sehr gefährliche) Mini-Jets. Fast alle hatten eine unglaubliche Freude, und zwei Stunden wurde nur umhergetollt. Jedoch hat Rema, die ich aus diesem Anlass vorstellen werde, einen Jet zwischen die Augen bekommen, und hat überraschend stark geblutet. Mehr aber auch nicht, im Endeffekt eine kleine Wunde. Jedenfalls hat das die Kinder so inspiriert, dass sie angefangen haben, sich eigene Spiele zu bauen, zum Beispiel aus alten Hölzern einen kleinen Billardtisch, mit Schlatzkugeln als Spielbälle.


Nun werd ich aber noch ein paar Leute vorstellen, denn viel passiert ist sonst nicht.

 

Rema:

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Nun, jetzt fällt mir auf dass ich noch immer nicht genau weiß, was ihre Aufgabe ist. Ich sehe sie meistens für die Jungs, manchmal für uns (Fathers und Brothers) kochen, meistens ist sie aber im Büro und schreibt irgendwas. Ich glaub sie ist für organisatorische und formelle Sachen zuständig. Jedenfalls ist sie die älteste von den Mädchen, und die Jungs hören auch verhältnismäßig brav auf sie. Sie hat einen Sinn für Humor und ist eine sehr angenehme Person, verändert sich jetzt auch nicht zu viel, wenn grad alle Mädchen beisammen sind. Das kann dann ganz schön anstrengend werden. Aber sie ist absolut ok, wenn jetzt auch nicht übermäßig extrovertiert. Gespräche zwischen uns sind meistens kurz, informationsbezogen, aber nie aufgesetzt oder unangenehm. Außerdem ist sie eine gute Tänzerin.

 

Santini:

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 Einer von den College-Besuchern und ein großartiger Kerl. Ich hab gehört, dass er letztes Jahr noch ganz anders gewesen ist, rebellisch, undiszipliniert, angeblich mit den ``falschen`` Leuten unterwegs. Jedenfalls ist mir aktuell nichts davon bekannt, denn er hat meistens einen Witz auf den Lippen, und akkzeptiert fast alles was ihm gesagt wird. Wenns ihm nicht gut geht, sagt er das, oder beklagt sich, was ich auch sehr schätze, denn die meisten Filipinos reden nicht wirklich gern über so was. Aber nun zu seinem doch etwas seltsamen Ausgeschau. Er hat eine kahle Stelle in der Mitte seiner Haarpracht, das aussieht als wäre sie verbrannt. Seltsam verkrustet, schwarz. Sein Mund ist im irgendwie schief geraten, wie auch die Zähne dahinter. Rechter Fuss und rechte Hand sind verkrüppelt, Zähen und Finger sind dicke, nagellose Knubbel (die sich sehr lustig anfühlen). Ich hab ihn gefragt was ihm passiert sei, und er sagte mir dass seine Mutter Abtreibungspillen genommen hatte, sich dann aber doch entschied, ihn zu behalten. Deshalb sein Äußeres. Auch seine Stimme ist seltsam verkrümmt, aber sein Englisch ist gut, und meistens verstehen wir uns einwandfrei.

Das beeindruckendste an ihm ist aber, dass er neben seinem tollen Charakter, seiner Intelligenz und seinen Leader-Qualitäten ein Hammer Musiker ist. Der beste den wir haben, denn trotz seiner seltsam geratenen rechten Hand, spielt er ausgezeichnet Gitarre, wie auch Keyboard und inzwischen Xylophon. Singen kann er zwar nicht so gut, tuts aber trotzdem gern, und wenn er tanzt, ist ebenso in seinem Element. Es ist echt eine Freude, ihm dabei zuzusehen. Außerdem ist sein Name ebenso passend. Wie gut klingt Santini Lizardi eigentlich? Er könnte gleichermaßen als italienischer Schnulzensänger wie auch als Pokemon durchgehen! Wahrscheinlich wird er irgendwann ein Musikcollege besuchen und zum Lehrer ausgebildet werden. Die Fathers planen auch längerfristig mit ihm, denn danach wollen sie ihn als Assistent für Musik dauerhaft an Don Bosco Dumangas binden.  Wär gut für ihn und für die zukünftigen Kinder, die sicherlich kommen.

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Ich belasse es heute bei zwei Vorstellungen, und schließe hiermit ab. Ab Dezember beginnt das Caroling, ich bin schon ziemlich gespannt, denn die Proben verlaufen ganz gut. Ich hoffe, ihr hattet einen schönen ersten Adventsonntag mit Keksen und Tee. Kekse kauf ich mir heute, denn irgendwie werden diese von meinen Geschmacksnerven vermisst. Manchmal muss ich mir ein bisschen Luxus eingestehen dürfen. Punkt, aus Schluss Basta.

Bestes Gegrüße!

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