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23. Juli 2012 1 23 /07 /Juli /2012 04:38

Wieder einmal melde ich mich nach etwas längerer Schreibabsenz zurück! Es ist Juli, mein Volontariat ist alt, hat überall Falten im Gesicht, und spaziert auf einen Stock gestützt in Richtung Pension? Meine Finger sind des Schreibens müde, und lange Ausführungen strengen meine abgenütze Gedankenmuskulaltur dermaßen an, dass eine Ader über meiner Schläfe auftaucht, und ungeduldig pocht? Ist es das was ihr glaubt? Dass mit der Stoff ausgegangen ist? Naja, da lest ihr den falschen Blog.

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Aber eben genau um den Blog geht es. Es gibt scheinbar Gründe, die mich dazu führen sollten, meinen Blog entweder vorsichtiger zu führen, oder komplett einzustellen, wobei ich mir schwer vorstellen kann, irgendetwas böse verletzt zu haben. Wie auch immer, in Kürze werden alle Fotos von meinem Blog verschwinden, und ich werde mir für manche Menschen lustige Spitznamen überlegen. Aber komplett mit dem Schreiben aufzuhören, so knapp vor dem Ziel, da tu ich mir schwer. Wie auch immer, die Gründe sind von jener Sorte, dass man sie öffentlich eher nicht nennen sollte, weil persönlich (oder auch nicht). Außerdem müsst ihr eure Nase ja auch nicht überall hineinstecken, ich meine, es ist ja nicht so, dass mein Volontariat euch was angeht, oder euch gar groß beeinflusst, es sei denn, ihr seid meine nähesten Nahen. Aber genug ausgeführt.


Es ist eine interessante Zeit für mich. Irgendwie bin ich im Kopf schon sehr viel daheim, denke über meine ersten Tage in Österreich nach, die Menschen die ich treffen werde, Reflexionstreffen mit anderen Volontären, und vor allem Familie. Zeit haben, genießen, österreichisch faul sein, österreichisch gestresst sein, österreichischen Humor zu Tage bringen (meiner Meinung nach die größte Stärke unseres Landes - Kabarett). Wahrscheinlich hab ich mich nie in meinem Leben so darauf gefreut, unter eine Länderkategorie zu fallen. Daheimsein hat was schönes, zumindest wenn man nicht zu lange daheim ist.

Aber zugleich will ich mich noch nicht voreilig verabschieden, immerhin hab ich noch rund eineinhalb Monate zu absolvieren, und in dieser Zeit kann man so manches erreichen. Die White Eyes Band zum Beispiel muss ab jetzt ohne mich auskommen, da sie sich daran gewöhnen sollen, ohne mich zu spielen. Dafür kann ich wieder mehr Kraft in ein paar Jüngere stecken, um diesen musikalisch noch was mitzugeben. Ich renne derzeit fast schon gestresst von Person zu Person, und versuche alle gleichzeitig handzuhaben, und da fällt mir dann immer wieder auf, was für eine psychologische Herausforderung so eine Arbeit doch ist. Die Geduld, die man braucht, um 5 Interaktionen verschiedener Art gleichzeitig zu führen, ist sehr anstrengend aufrechtzuerhalten. Dann denkt man sich aber auch, man könnte die letzte Zeit nocheinmal genießen, und ich glaube, ich werde mir nocheinmal für ein zwei Tage frei nehmen, und mir Guimaras anschauen, was mir ja 3 Monate zuvor wegen meiner Infektion verwehrt geblieben ist.

Obwohl ich sagen muss, dass Österreich mich durchaus hartnäckig zu verfolgen scheint. Ich bin ja ein Fan von Zufällen, und glaube nicht an Vorbestimmung jeglicher Art, ob Prädestination oder Schicksal. Ich denke da eher psychologisch. Wenn was passiert, dann sagt dir dein Kopf, Boah (!), das kann jetzt nur das bedeuten, weil gerade zu der Zeit, das und das, und genau so weil eben das noch dazu! Und da hat die Vorbestimmtheit folgendermaßen versucht, mich auf ihre Seite zu bringen, hört euch das an: Am Freitag unterrichte ich ja Physical Education, wo ich auch Lectures gebe, also ich rede über Muskelzeugs und Sport. Gemischt und improvisiert, ein bisschen dichte ich mir Sportphilosophie zusammen, rede über Gender-Kram und 3 Minuten später über englische Hooligans, und dann über Kolaborationen von Warner Bros und Michael Jordan (Space Jam!!!), so müsst ihr euch das vorstellen. Und letztens habe ich mich eben über die Körper von Body Builders lustig gemacht, und siehe da, ein paar aus der Menge rufen Schworzenetscher. Ich war zumindest ein bisschen überrascht, und habe ihnen dann gesagt, dass er eben Österreicher ist, und da war die Überraschung dann bei den Trainees an der Reihe. Aber so schlimm war das ja noch nicht.

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Dann, am Samstag kommt John Paolo, einer der neuen Jungs, wie so oft zu mir, um über Zeugs zu reden, das in der Schule gelernt wird. Er ist ein stiller, aber unglaublich aufmerksamer Kerl, der neugierig ist, und auf Rätsel steht (@Berni, er ist jüngere Bruder von Gino). Ich mag ihn. Jedenfalls geht es gerade um Erbmaterial in ´´Science´´, und da habe er den Namen Gregor Mendel gelesen, und natürlich, da sind meine alten Bio-Erinnerungen aufgeflammt, und ich hab mich tatsächlich noch richtig an den Großteil erinnern können. Das ganze Erbsen-Zeugs eben.

Am Sonntag, wieder John Paolo, diesmal aus einem Buch, das sich mit Kulturen und Traditionen anderer Kontinente befasst (also aus asiatischer Sicht) – Fasching! Und da konnte ich ihm dann von meinen Kinderfaschingserfahrungen erzählen. Und ich glaube, das erste Mal wirklich über den Sinn von Fasching nachgedacht zu haben, da er ja diesen auch wissen wollte. Es ist lustig, die eigene Kultur aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Ok, die letzten drei Beispiele sind nicht so wirklich aus heiterem Himmel dahergekommen, denn klar, wenn irgendwer hier von Österreich liest, kommt er/sie natürlich zu mir. Aber der Montag hat mich dann doch überrascht. Nicht dass ihr glaubt, Mozart oder Hans Krankl – nein. Während ich mein Abendessen zu mir nehme, höre ich von draußen, aus der Nachbarschaft Musik hereindröhnen – Pipi Langstrumpf, das Originallied aus der Fernsehserie. Aber um fair zu sein, das ist ja deutscher Herkunft, also zählt das nicht, oder? Stimmt, aber blöd schauen tut man dennoch. Als das Lied dann zu Ende war, fingen die nächsten bekannten Klänge an, sich in mein Ohr zu schlängeln: dadideldumm ... der Komissar geht um...  – Falco!!! Also lebt er sogar hier. Noch dazu im Original, wo doch die Filipinos ALLES remixen, was ihnen in die Finger fällt. Die Überraschungen hier enden eben nicht so schnell.

Dann wieder, so sehr Österreich versucht, mich einzuholen, tun die Jungs alles, damit ich sie mächtig vermisse. Wenn auch unbewusst. Hier eine Top 3 Liste gesprochener Kindessätze der letzten Woche:

-          Brother! Every Morning We are Morning, Brother! (Cookie)

-          Bro, John Rey is basketball the ball of football! (Noriel)

-          B—b—brother, my brother and sister (John Rey, auf die Frage wie es ihm heute/jetzt gehe - ´´Kamusta Subong?´´)

 

Oder: Es ist Snack Time, ich suche einen geeigneten Platz zum Sitzen und Snack-Schlürfen, und sehe Glen alleine sitzen. Glen ist der Gitarrist der White Eyes Band, und der Denker und Beobachter der Jungs, weshalb ich mich gut mit ihm verstehe. Wir teilen unsere Gedanken oft miteinander, und wenn ich eine Art philosophisches Gespräch über das Leben habe, dann mit ihm. Ein sehr intelligenter Bursche. Als ich auf ihn zuging, hab ich mich gefragt, was wohl unser Gesprächsthema sein wird, weils ja eigentlich immer interessant ist mit ihm. Also setze ich mich ihm gegenüber, und gib ihm einen strengen, erwartungsvollen Blick. Circa 5 Sekunden hat er mich zweifelnd angeblickt, schon fast eher verzweifelt, und sagt dann: ´´I don´t know what I can do, Brother!´´, sich selbst gegenüber sehr vorwurfsvoll. Ich bekam einen Lachanfall, weil ich damit wirklich nicht rechnete, was ihn natürlich perplexifizierte. Darauf folgte dann natürlich ein feines Gespräch, das von einem heranspringenden Jerald unterbrochen wurde. Jerald springt mir gerne in den Rücken, oder rammt mich, um mir zu sagen, dass er Aufmerksamkeit will, beziehungsweise Gitarrenunterricht. Das ist gut so, und unser Gespräch wurde dann zu einem Hybrid aus Musik und Fragen, was man als Mensch so alles tun kann. Musikalische Untermalung war passenderweise ´´Dust In the wind´´, das ich den Jungs gerade beibringe.

 

Inzwischen hab ich auch ein paar Tanzstunden hinter mir. Mein Aufenthalt auf den Philippinen ist somit mehr oder weniger komplettiert, zumindest dann, wenn mein erster Tanzauftritt offiziell hinter mir ist. Meine Bewegungen müssen schrecklich aussehen, und ich weiß jetzt schon, dass mein Auftritt zum ´´Tag des allgemeinen Gelächters gegen untalentierte Tänzer´´ ernannt wird. Der 20 Juli wird das sein. Aber immerhin, ich kann von mir behaupten, alles getan zu haben, was mich zu einem waschechten Filipino macht. Wenn auch einen sehr seltsam waschechten. Unter diesen Aktionen sind die berühmtesten eben das Verzehren von indigenen Spezialitäten wie Balut (Entenembryo), oder Krabben (sinnlos, wie ich meine), und eben das Tanzen. Basketball gespielt hab ich im Endeffekt leider nicht so viel, aber was Rebounds betrifft, bin ich aufgrund meiner Größe hier sehr angesagt. Soagr schwimmen war ich (!!!). Ja. Da seht ihr, was ein Mensch alles erreichen kann, wenn man ihn 11 Monate in eine fremde Kultur wirft.

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An Geschehnissen im Projekt sind zwei aufeinanderfolgende Tage, der letzte Freitag und anschließender Samstag, besonders zu erwähnen. Am Freitag hatten nämlich die Trainees Recollection – so was wie ein Reflektionsworkshop - , die von Father Bong geleitet wurde. Nun, Emotionen sind die Schwachstelle in den Köpfen der Filipinos, und da kann man sie hart treffen, wenn man die richtige Art der Emotionsextraction anwendet. Father Bong macht es mit kitschiger Musik und persönlichen Kleingruppen-Gesprächen, und am Ende haben fast alle 80 Trainees zumindest Tränen in den Augen. Ich schätze sowas ja sehr, aber dennoch ist es lustig, eine Gruppe beinahe Gleichaltriger  gruppenweinen zu sehen. Da sind die Machos unter den Trainees plötzlich ganz klein geworden. Am Abend waren die Boyshome-Jungs an der Reihe, und haben relativ zur Anzahl der Trainees wesentlich tränenloser abgeschlossen.

Am nächsten Tag waren dann aber die Jungs diejenigen, die sich fast in die Hosen gemacht haben, denn wir veranstalteten einen ´´Medical Mission Day´´, wo jeder einen gratis-Check Up hatte. Das Beeindruckende daran war, dass nicht bloß die Insassen unseres Projektes daran teilnahmen, sondern dass auch Leute aus dem Dorf von außen sich gratis durchchecken lassen konnten. Die Ärzte waren so natürlich mehr als den halben Tag beschäftigt, aber die Leute sind ihnen sehr dankbar. Die Philippinen haben keine Krankenversicherung, und müssen für alles bar bezahlen. Schon allein eine simple Routine-Untersuchung ist zu teuer für die ärmeren Menschen, gerade deshalb ist so etwa sehr wichtig. Es wurden sogar leichtere Medikamente wie Vitamintabletten verschrieben, und an die ´´Patienten´´ verschenkt. Die Jungs hatten aber vor allem vor den Zahnärzten Angst, und ein paar Zähne wurden dann auch gezogen, beziehungsweise zertrümmert, denn Plomben (???) können die sich nicht so schnell leisten. Sprich, einmal Zahnproblem = Zahn tot. Da haben wirs schon sehr fein mit unseren Gebissen.

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Also, wie schauts jetzt weiter aus? Am 20 Juli, am ´´Tag des allgemeinen Gelächters gegen untalentierte Tänzer´´, findet die Aquaintance Party statt, wo eben viel getanzt und gespielt wird. Die Woche darauf werde ich mein letztes Mal nach Cebu fliegen, und dort mein Abschlussinterview haben, ein gemeinsames Abendessen genießen, und einfach noch einmal Cebu anschauen, vielleicht sogar nocheinmal nach Lilo-An starten. Wenn ich zurückkomme, ist der Juli bereits alt, und August klopft an die Tür. In diesem findet von 15.-17. ein ´´Entremurial Day´´ statt. Ich habe keine Ahnung, was das bedeutet, und ob ich das richtig geschrieben habe, aber es muss irre sein, denn wenn ein Tag drei Tage umfasst, habe ich Respekt vor diesem. Das nächste große Datum für mich ist der Tag meines Rückfluges, welches ich hier nicht verrate.

Wie auch immer, bis dahin werde ich euch sicher noch mit ein paar Zeilen versorgen. Startet gut in euren Sommer, ich freu mich schon auf den Winter, denn ein Jahr lang Temperaturen um die 30 Grad herum, ist mir zu hoch des Duchschnitts. Babababa.

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Und hört euch doch bitte Leonhard Cohens Songs an.

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