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13. Oktober 2011 4 13 /10 /Oktober /2011 04:48

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Die Tage sind dermaßen verregnet, dass es mir als regentoleranten, zweitweise regenbefürwortenden Menschen schon am Geist geht. Seit gut drei Wochen hatten  gefühlt, also ungefähr einen ergussfreien Tag. Stromausfälle stehen an der Tagesordnung, sowie extremst kaltes Wasser aus der Dusche (heißes Wasser bei extremer Hitze ist das ebenso unangenehme Gegenteil). Manche Nachbarschaftsgärten stehen komplett unter Wasser, das, wenn jedoch einmal doch einen halben Tag lang die Sonne scheint, ebenso schnell wie es auftauchte wieder versickert.

 

 


So viel zum Wetterbericht. Nun zu dem sagenhaften Teil.


Denn, ich habe bisher vergessen es zu erwähnen - gescholten sei mein Gehirn für solch bittere Untat – die Leute hier in der Gegend sind abergläubisch, nicht nur die Kinder, nein, auch die Fathers! Es soll irgendwo in der Gegend einen Friedhof geben, der besser nicht bei Nacht betreten werden sollte, da sich diverse Menschen tötende Gestalten herumtreiben sollen (die sind scheinbar aus dem Mittelalter übrig geblieben...), Werwölfe zum Beispiel. Ein paar Kinder haben mich gefragt, ob ich Rumänien kenne

. Denn von dort käme Graf Dracula, der ebenfalls ein paar Gräber bewachen soll. Ich hab zum Spaß einmal eine Geschichte erfunden, dass ich so einem Chentauren begegnet bin, der böse Sachen mit mir anstellen wollte. Und ein paar waren sichtlich verängstigt, die jüngeren zumindest. Ich werd auch eine Halloween Party organisieren, ich freu mich schon drauf. Auch lustig war eine Unterhaltung mit Father Cyril über Läuse. Er sagte, es sei nicht gut wenn ich viel auf der Sonne bin, denn ansonsten werde ich Läuse bekommen: ‘‘They grow from the sun.‘‘  -  Ich hab jetzt wirklich keine Ahnung ob die Sonne nötig ist um Nissen auszubrüten, jedenfalls sagte Fr. Cyril dann ehrfürchtig: ‘‘My grandmother told me that.‘‘ , nach einer kurzen Pause fixierte er mich und sagte: ‘‘And it’s true...‘‘.

 

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Eines Abends nach dem ins Bett bringen der Kinder setzte ich mich noch mit meiner Gitarre hinter die Kapelle um in Ruhe ein bisschen zu spielen. Es war so gegen 11 Uhr, und es war stockdunkel, bewölkte Nacht, hohes Gras um mich herum, also sah mich niemand. Man hörte jedoch meine Gitarre, und der Guard, den ich letztes Mal auf dem Foto vorstellte, schlich um die Ecke weil er Angst hatte, und blendete mich mit seiner Taschenlampe, war dann aber ziemlich beruhigt als er mich sah. Er entschuldigte sich bei mir, und sagte, in der Nacht sei niemandem zu trauen... Am nächsten Tag hab ich das dem Brother Luke erzählt und er war beeindruckt, dass ich mich ganz alleine in die Nacht setze. Er würde sich das nicht trauen, weil er Angst vor irgendwelchen Schattengestalten hätte. Ich glaub das war das erste Mal dass jemand in Ehrfurcht mich mutig genannt hatte.


Übrigens haben die hinterhältigen roten Ameisen einen genialen Coup gelandet. Sie sind wahrlich unberechenbar. Gestern kam meine Wäsche (wöchentlich wird die Schmutzwäsche in die Stadt geführt, und frisch bekommen wir sie dann irgendwann im Laufe der Woche wieder) zurück, und wartete brav vor meiner Tür auf mich. Ohne jeglichen bösen Gedanken, im Gegenteil, froh nun endlich wieder im Vollbesitz meiner Kleider zu sein, packte ich den Haufen, und legte ihn auf mein Bett. Als ich plötzlich schmerzende Bisse an diversen Stellen meines Arms fühlte! Denn die roten Ameisen hatten sich in meiner Wäsche versteckt, und wollten mein Leben! Scheinbar waren es aber nur Abgesandte, oder Späher, die als sie mich sahen so aggresiv wurden dass ihren Auftrag vergaßen, und nur mehr mein Gesicht schmerzverzerrt sehen wollten. Zum Glück waren es nur geschätzte fünf an meinem Arm, die anderen verteilten sich auf meinem Bett, was mir gar nicht gefiel. Ich schaltete schnell und zog mich fürs erste strategisch in die Küche zurück, und schüttete ein paar Tropfen Wein in ein Glas und platzierte es in der Nähe meines Bettes. Das machte die Ameisen verrückt, und eine Stunde später waren sie alle ertränkt. Punkt für mich – jedoch muss ich bald mit einer Gegenoffensive rechnen, denn ich glaube nicht dass sie diesen Verlust auf sich sitzen lassen.


Abgesehen von Schauergeschichten und Ameisenattacken rückt der ‘‘Salesian Day‘‘ immer näher. An diesem Tag, dem 04. November, treffen sich alle wichtigen Salesianer des Landes in unserem Projekt und halten eine Art Vollversammlung ab. Ich glaube, dass auch Krabben anwesend sein werden, was ich als sinnlos erachte. Jedenfalls gibt es, wie es solche Events an sich haben, viel Organisation zu erledigen, und ich bin Teil dieser Organisationsorgane. Ich hatte ja bereits von meiner jungen neuen frischen frechen Band berichtet. Father Noel gab mir vor ziemlich genau einer Woche den dezenten Auftrag, die Kinder bis gestern für eine Art Mini-Konzert zu befähigen, dessen Qualität entscheiden solle ob sie am salesianischen Tag ihren ersten Auftritt haben werden. Was eigentlich ziemlich viel verlangt ist, denn wie bereits gesagt, haben die Jungs minimale Erfahrung mit Musik, und vor allem als Band mit Rythmus und allem Drum and Dran. Seit zwei Tagen haben sie aber scheinbar ihr Schicksal erkannt, umarmen dieses, und sind wirklich motiviert, Musik zu machen. Zwei der Jungs hab ich schon vorgestellt, Erab und Kenneth. Den Rest mach ich jetzt. Vorweg sei gesagt, dass die Jungs gestern Abend wirklich gut gespielt haben, und mich sehr stolz gemacht haben. Vor den zwei Songs war ich so nervös, wie bei meinen eigenen Konzerten selten, aber wir wurden akzeptiert, und Father Noel erteilte uns den Auftrag, 5 Songs bis zum Salesian Day vorzubereiten. Mit viel Probe und Geduld funktioniert das sicher ganz gut. Nun aber die Band:

 

Roberto:

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Mein vorgesehener Band-Leader. Der beste Gitarrist der Band, der inzwischen auch Verantwortung übernimmt, und mir beim Unterrichten der anderen hilft. Er hat zwar rythmische Probleme, vor allem weil er manchmal etwas zu hektisch wird, und wie alle anderen auch Konzentrationsschwierigkeiten hat. Sein Durchhaltevermögen und sein Ehrgeiz sind jedoch seine großen Stärken. Er gehört definitiv zu den intelligenteren Jungs, und mit ihm kann man auch durchaus gut reden, wenns um was wichtiges geht. Auch wenn er ein bisschen ein Macho ist, der sich gern etwas aufspielt, ich mag ihn sehr gern, und am ich glaub im weiteren Verlauf des Jahres wird er sich positiv entwickeln.

 

Jimmy:

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Ich weiß nicht warum, aber er verkörpert für mich rein vom Aussehen her den Stereotyp eines Straßenkindes wie ich es im Kopf hab. Er ist extremst dünn, sein Gesicht ist leicht eingefallen, er ist enorm frech, und man muss ihn öfters auf fehlerhaftes Verhalten aufmerksam machen, aber sein Lächeln und sein Gesicht strahlt sehr viel Freude aus, und das hats mir irgendwie angetan. Er wollte bevor ich die kleine Band hatte, unbedingt Bass spielen lernen, und so hab ich ihn dann, obwohl er null Ahnung vom Bass spielen hatte, zum Bassisten der Band gemacht, denn er hat den Willen, den man zum Musikmachen benötigt. Allerdings sind seine Finger zu schwach für die großen Basssaiten, dass derzeit die Gitarensaiten herhalten müssen, aber ich schreib ihm die Noten auf, spiel sie ihm vor, und er wird von Tag zu Tag besser. Im Gegensatz zu den anderen verliert er den Song selten aus den Augen. Er ist zwar noch zu langsam zum Spielen mancher Parts, aber er setzt immer wieder mitten im Song richtig ein, was ich von den anderen leider nicht behaupten kann. Sprich, der Junge hat ein gutes Gehör, und ich bin gespannt, wie er sich noch entwickelt.


Francis: (am Cajon schlafend)

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Ui. Mein nächster Problemfall. Es gibt einfach diese Fragezeichen Menschen, wo du nicht ganz weißt, was du aus ihnen machen sollst. Er spricht mit mir erst seit circa drei Tagen auch aus eigener Initiative oder zeigt sowas wie Interesse. Wenn ich vorher mit ihm zu sprechen versuchte, bekam ich bloß Antworten in Form von Geräuschen und Gesten, sein Englisch ist enorm beschränkt, und ich glaube dass er der jüngste von allen ist. Seine ganze Art ist etwas faul, wenn er geht, scheint er sich immer zu schleppen. Wenn er jemanden anblickt, tut er dies nicht lange, denn meist verliert sich sein Blick in der Ferne, bleibt aber leer. Er jedenfalls spielt Cajon (?), oder die Beatbox, wie sie sie hier nennen. Und ihn suchen ebenfalls Konzentrationsschwächen heim, wie auch Rythmusschwierigkeiten, wobei das aber glaube ichzu relativieren ist, denn sowas braucht einfach Zeit. Sein Bruder ist der Schlagzeuger der  größeren Band, und durch ihn hat er glaub ich einen guten Antrieb, sich zu verbessern. In der Band ist wie sonst auch sehr sehr langsam mit seinem Körper, sprich er ist immer der letzte der irgendwas tut. Schwer von Begriff ist er aber nicht, und er kann durchaus ganz gut umsetzen was ich von ihm verlange.


Raffael:

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Zeitweise bärtiger Sänger und selbstverherrlichender Diktator der Band. Hat musikalisch durchaus lange gebraucht um auch nur irgendetwas zu verstehen, und ist sowas wie der Legionär in der Band. Er ist zu faul, um mit seinen Kollegen Gitarre zu spielen, er bringt es ihnen lieber bei, damit er weniger Arbeit hat. Er ist sehr eitel wenn es um Musik geht, und kann bei diesbezüglichen Diskussionen sehr stur werden, da er der Meinung ist, er habe Ahnung davon.Sein größtes Problem sind seine unerwartet eintretenden Stimmungsschwankungen, die in letzter Zeit oft durch Musik von Justin Bieber im negativen Sinn getriggert werden. Er ist der Meinung er könne durchaus was ausrichten, obwohl er sich ungern andere Meinungen einreden lässt, und meist auf Intuition agiert.

Ebendieser ist auch Autor dieser Zeilen, und wünscht euch nun viel gutes, ob ihr von ihm gutes wollt oder nicht. Mag er auch manchmal grimmig dreinblicken oder gar zu bärtig für jegliche Freundlichkeit sein, was derzeit ohnehin ausgeschlossen ist, will er euch nur testend einschüchtern. Denn im Kern kann auch dieser Kerl sehr sehr freundlich und ein angenehmer Zeitgenosse sein.


Möge die Macht mit euch sein. Oder zumindest neben euch. Haltet sie in Griffweite.

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Kommentare

D
<br /> Mann kommt vorbei. Man liest. Man schüttelt den Kopf und man schaut ungläubig. Und man beneidet dich um diese Erfahrung (und um deinen ausgeprägten Bartwuchs).<br /> Und bevor ichs vergesse: Man wünscht dir viel Glück und vermisst Gemeinsames. Möge er gut auf sich achten, hier wird jeniges getan.<br /> <br /> <br />
Antworten
V
<br /> <br /> Es sei dir, lieber ebenfalls beeindruckend bärtiger (es sei denn ich verwechsle dich peinlichst mit jemand anderem) Kumpane, gesagt, dass ich dir sehr sehr dankbar bin, für das was auch du in mir<br /> angerichtet hast, denn gebührt auch dir Dank für Gemeinsames. Tue jeniges weiter, aber tue es gut, denn gerade jeniges geht mir manchmal stark ab, weshalb ich zu einem offiziellen Tag der<br /> Wertschätzung von Jenigem aufrufen möchte.<br /> <br /> <br /> Es sei dir Alles Beste geschickt. Hiermit. In größter Ehrdarbietung, dein Professorerich<br /> <br /> <br /> <br />