Der Monat Mai neigt sich langsam seinem Ende zu. Vom Gefühl her liegt die Zeit, in der ich umherreiste, schon eine Weile zurück. Wenn man 3 Wochen intensiv lebt, vermehrt sich auch auch die Quantität der Geschehnisse, die man auf Gefühlsebene basieren. Kennt ihr das, wenn man außerordentlich viel erlebt, und man wollte am liebsten alles zugleich in verschiedensten Arten, am besten mit allen Sinnen, ausdrücken, aber im selben Atemzug hat das Ganze einen simplen Nenner, und ist für andere Ohren schwer nachvollziehbar bis uninteressant? Ja, wahrscheinlich werdet ihr das kennen. So gehts mir gerade, am Anfang dieses Eintrages.
Meine Zeit zu schreiben ist nach wie vor auf einem Minimum, und eigentlich sollte ich gerade meinen Mathematik-Unterricht vorbereiten, aber mir ist gerade mehr nach Unterrichtsimprovisation. Mit dem Thema Primzahlen und dem ´´Least common Multiple´´, wie auch den Bruch-Divisionen schließe ich meinen ersten Monat ab, und verwandle alles Erledigte der letzten drei Wochen in einen handfesten kleinen, für unsere Verhältnisse sehr leichten Test. Denn ich habe wirklich bei 0 angefangen, was für manche der Schüler genau das richtige Niveau war. Dies ist auch eines meiner Hauptprobleme im Unterricht – die Jüngeren, die gerade oder vor nicht allzu langer Zeit ihre Highschool (auf den Phils bis 16) abgeschlossen haben, haben mehr Ahnung in Mathe als ich. Das sind diejenigen, die mit den Händen den Kopf stützend fast weg pennen, weil (fast) jede Aufgabe, die ich gebe, ein Kinderspiel für sie ist. Dann gibt es solche, die, mit ihren Händen ihre Stirn stützend, die Tafel dermaßen streng anschauen, dass ich mich manchmal frage, ob die Tafel dieser Seriösität gewachsen ist. Ich halte immer eine kleine ironische Abschlussrede, und habe letztens von traurigen Tafeln erzählt, die ihren Klassenraum verließen, weil sie meistens mit negativen Blicken in Verbindung geraten. Ich kann sie da schon verstehen. Das ist pures Mobbing. Ich meinte, dass man der Tafel manchmal auch ein Lächeln schenken solle, denn dann lässt sie sicher viel lieber auf sich schreiben.
Dann gibts wiederum solche, die das Ganze überhaupt nicht interessiert, sich in den Klassenraum hocken, manchmal ihr Heft gar nicht auspacken, und in ihrer Teilnahmsosigkeit äußerst provokant sind. Aber auch die sind zum Glück eher leicht zu manipulieren, und ein paar freudig formulierte Drohungen machen diese zumindest temporär zu zahmen Mathe-Schafen. Ich glaube, ich halte eine ausgewogene Mischung zwischen Strenge und Ironie. Ohne der (Selbst-)Ironie gehts bei mir nicht, egal was ich tue, und ich glaube, dass das der Hauptpunkt ist, warum ich mich bei den meisten Trainees auch durchgesetzt habe. Ich bin ein seltsamer Kerl für sie, und nach einer kurzen Eingewöhungsphase ist das dann eher gut zu bewerten.
Aber es gibt auch so was wie externe Störenfriede. Das ist einerseits der Geruch des ´´Labhang´´, was eine Mischung aus Reishülsen und Hühnerabfällen ist und als Dung verwendet wird. Es riecht ebenso (bad smell - ´´ba_ho´´), und das auch während des Unterrichts, denn hinter dem Training Center wurden ein paar solcher Abfallhügel stationiert, damit hier irgendwann in einem Jahr einmal halbwegs flache, fruchtbare Erde existiert. Allerdings hat es irgendwer zur Gewohnheit gemacht, hier auch den Müll auszuleeren, weshalb sich der Müll-Geruch mit dem Dung verbindet, was eine einzigartige Mischung erzeugt, die meinen Mathe-Unterricht bei günstigem Wind beiwohnt. Und auf den Philippinen gibts eher wenige Fenster, da es in den Gebäuden sonst stickig wird.
Andererseits ist da auch eine unglaublich provokante Erdwespe (ähnelt unserer Spezies), die scheinbar wirklich an Mathe interessiert ist. Aber offenbar hat sie Augenprobleme, denn sie pickt richtig an der Tafel. An der eben ich schreibe. Ich muss mich da ziemlich zusammenreißen, nicht die Panik zu bekommen, denn normalerweise renne ich vor Wespen davon (habe ich schon erwähnt, dass Wespen diejenigen Lebewesen sind, die ich am allermeisten verachte?). Die Viecher machen mich nervös, extremst.
Es gibt natürlich eine weitere Spezies – den Aufmerksamkeitsstreber. Witzigerweise ist da ein Typ, der heißt Rafael, ist wirklich gut in Mathe, und wiederholt leise oder laut, je nachdem, wie die Situation es gerade erlaubt, was ich eine halbe Sekunde zuvor sage. Er ist wie ein Echo. Ich sage zum Beispiel: ´´this is the cummutative law´´, und schön höre ich das ´´cummutative law´´ auch aus seinem Mund. Oder, ich rechne etwas an der Tafel vor, und er kommt nicht umhin, mich im Rechnen übertrumpfen zu wollen, was ihm aber selten gelingt, denn ich bin zwar ein absolutes Ei in Mathe gewesen, aber im Kopfrechnen können mir wenige das Wasser reichen.
Ansonsten gibts natürlich immer Mädchen, die als erstes aufzeigen, und unbedingt alles und immer vorrechnen wollen. Es ist ein böses Vorurteil, ich weiß, aber in jeder Klasse, die ich kennenlernte gab es ein dementsprechendes weibliches Wesen. Ich behaupte, dass eine Klasse ohne so eine Person vielleicht gar nicht auskommt. Dennoch, ab und zu ist es einfach nur nervig, und zu Schulzeiten war ich der Meinung, man solle übertriebene Mitarbeit mit schlechten Noten bestrafen. Wobei ich natürlich auch verstehe, warum das nicht gemacht wird. Aber es ist nicht leicht, den Aufmerksamkeitsstreber unter Kontrolle zu halten, da das Herausschreien, oder der blitzschnelle Akt des Hand-in-die-Höhe-Reißens Reflexe sind. Ich habe dennoch einen Weg gefunden, nämlich die Enttäuschung. Aus Fehlern lernen (- nicht mehr bei jedem Blödsinn aufzuzeigen). Ich gebe eine scheinbar leichte Rechnung, die einen Haken hat, und berechne die freiwillige Tat des Aufmerksamkeitsstrebers bereits mit ein. Zum Beispiel: 4+6 / 2 = ... Sieht unglaublich leicht aus, und ich habe die Zahl 5 schon bevor ich etwas sagen konnte gehört. Ich beharrte dennoch auf einen Freiwilligen zum Lösen der Rechnung, und wie geplant erschien die Zielperson. Ergebnis – 5. War aber falsch, denn eine alte Mathe-Weisheit besagt, ´´Punkt- vor Strichrechnung´´, was soviel heißt, wie: zuerst wird dividiert/multipliziert und dann addiert/ subtrahiert. Also kommt 7 raus, und alle sind baff. Aufmerksamkeitsstreber mögen das gar nicht, und fangen dann an, mir zu misstrauen, was zu weniger Unterrichtsstörung führt.
Ja, das sind die kleinen Erfolge, die man feiert.
Mit den Kindern gehts mir ganz gut, obwohl es immer wieder kleinere Reibereien gibt. Vor allem die Neuen brauchen noch Zeit sich einzuleben, und machen oft gar nichts, wenn sie was tut sollten, und Blödsinn, wenn es gerade nicht angebracht ist. Es muss verdammt schwer sein, sich in so eine Gruppendynamik einzugliedern, vor allem weil ja hirarchisch ständig gekämpft wird. Normalerweise bekomm ich das durch die Freizeit der Jungs halbwegs mit, derzeit bin ich da aber abgeschottet, weil ich diesie Zeit zum Proben mit der Band verwende. Am 2. Juli wird irgendwo in der Nähe aufgetreten, und das scheint eine große Sache zu sein, denn Father Noel erinnert mich jedes Mal wenn wir uns sehen an die Proben. Ist auch gut so, wenn unsere Musiziererei unterstützt wird, denn das war nicht immer so. Ich hoffe, dass wir aber auch nach dem Konzert regelmäßig proben können, vor allem deshalb weil ich ja irgendwann nicht mehr da bin, und dann besteht die Band aus nur mehr 3 Personen, und steht ohne Sänger da. Die Jüngeren benötigen noch etwas mehr Zeit, um in die Band zu kommen, und ich fürchte dass ich hier bereits einen großen Teil meiner Arbeit an meinen Nachfolger weitergebe. Dennoch, inzwischen ist unser Song-Repertiore auf rund 30 - 40Songs gewachsen, wobei natürlich viele etwas eingerostet sind, aber dafür ja die Proben. Mich freuts außerdem, dass sich die Jungs an meine Musik gewöhnt haben, und noch besser, sie gefällt ihnen, wenns auch sehr fremd für sie ist. Die neusten Songs sind ´´Wonderful World´´ von Armstrong, und ´´Leader Of The Band´´. Daneben spiel ich ihnen immer ein bisschen Neil Young und Bob Dylan vor. Und mit Cedie, dem Schlagzeuger versuche ich gerade, ´´Boat Behind´´ von den Kings Of Convenience für die Jungs zu adaptieren.
Am 24.Mai war der ´´Mary Help Of Christians Feast Day´´, eine sehr seltsame projektinterne Veranstaltung. Die Vorbereitung dafür war ziemlich groß, weshalb ich dachte, dass viele Besucher erwartet werden. Naja, am Morgen waren ein paar unserer Donators beim Gottesdienst anwesend, das war aber alles. Danach fanden bis zum Mittagessen diverse philippinische Gesellschaftsspiele statt, so was wie Seilziehen eben. Training Center und Boys Home werden ja unter normalen Umständen eher ungern zusammengeführt, da die Fathers (teils berechtigterweise) Angst haben, dass die Trainees den Fohlen böse Sachen beibringen. Andererseits halte ich es zwecks der charakterlichen Entwicklung der Jungs für wichtig, dass sie mit Älteren Kontakt haben. Manche aus dem Boyshome sind ohnehin schon jetzt besser ausgebildet als ein paar Ältere. Zumindest in Englisch und Mathe sind die Jungs ihnen sogar teilweise überlegen, was für die gute Arbeit hier spricht.
Nach dem Mittagessen gab es Ballsport, also Volleyball, Basketball und Fussball, wie auch 4 gegeneinander antretende Teams, von dem ich mir eines aussuchen durfte. Ich war Teil des ´´Rua´´ Teams, das die ´´Boscos´´ im ersten Fussballspiel (11 gegen 11) unter der glühenden Sonne 4:2 besiegte. Nach überstandener Verletzungspause konnte auch Legionär Raffael P. Mit einem wunderschönen Kreuzeck-Tor nach Vorlage in seinem ersten offiziellen Heimspiel sich über ein persönliches Erfolgserlebnis freuen – so die Schlagzeile in meinem Kopf. Während des Spiels, ich übernahm den linken Flügel, fiel mir ein Trainee auf, der wahrscheinlich der beste Fussballer ist, den ich bisher auf den Philippinen gegenüber gestanden bin. Passenderweise trug er ein Messi-Shirt, und war extremst schnell, optimalerweise mir gegenübergestellt. Als er mich einmal überspielte, zündete ich den Turbo, und startete den wahrscheinlich schnellsten Sprint meines Lebens, was in einer Rückeroberung des Balls endete. Turbosprints sind aber nicht gut für die Ausdauer. Egal, alles was ich sagen wollte, wurde gesagt. Habt ihr schon einmal das Gefühl gehabt, dass das gerade der schnellste Sprint eures Lebens gewesen sein muss? Ist ein gutes Gefühl, probiert es aus.
Wenn wir auch in Basketball erbärmlichst untergingen – im Endeffekt gewannen wir doch die Trophäe, einen Sack voller Knabbereien und Süßigkeiten, den ich gerecht aufzuteilen versuchte. Keine leichte Aufgabe. Der Tag wurde am Abend mit diversen Tanzveranstaltungen und unserem Konzert abgeschlossen. Es war ganz unterhaltsam, aber es war seltsam, dass nicht einmal die Fathers anwesend waren. Das gab dem Event einen gewissen schalen Beigeschmack. Denn jeder hat schon die Practices gesehen, weshalb der Hauptteil nicht anders von jeder Probe war. Sehr komisch, und um ganz ehrlich zu sein, viel verschwendete Kraft, denn wie gesagt wurde viel Schweiß in diesen Tag gesteckt. Am Ende war jeder müde, und genervt von dem unaushaltbaren Soundsystem, das unbedingt ersetzt gehört. Unser Equipment ist eigentlich zum Wegwerfen, und bevor ich gehe, muss ich da noch irgendetwas machen.
Nächste Woche beginnt die Schule für die Kinder wieder, was mir ein bisschen Entlastung bringt, und sicher auch wieder mehr Zeit zum Schreiben. Es grüßt winkend der Herr P.
...
Ja, das war das ursprüngliche Ende, aber meine zwei Versuche, diesen Eintrag in der ursprünglichen Form online zu stellen, sind bitterlichst fehlgeschlagen. Die Host-Site meines Blogs ist nämlich gemeinerweise nicht von jedem Internet Cafe aufrufbar. Also mache ich einfach wieder einen Doppel-Eintrag – und es geht mit Mathe weiter.
Inzwischen wurde der Test geschrieben, und ich hab circa 30 der 70 Arbeiten korrigiert. Verschiedenste Gefühle begleiten diese neue Erfahrung des Mathe-Lehrer Daseins. Da uns der Drucker eingegangen ist, musste ich alle meine 32 Beispiele an die Tafel schreiben, was mit Kreidestummel, die maximal 2 Centimeter lang waren (und heute gar nicht mehr existieren....- Kreide hat eigentlich ein bitteres Leben). Das war das erste Problem, da 70 Trainees versuchten, die Beispiele zu kopieren, und naja, das war eben etwas laut. Außerdem konnte ich schwer kontrollieren, ob sie nun Rechnungen austauschten, oder Ergebnisse. Wenn man diese Tafeln kennt, weiß man, dass bei ungünstigem Lichteinfall das Erkennen von Zahlen unmöglich ist. Deshalb musste ich ihnen erlauben, den Standort zu wechseln, weshalb einmal 10 Minuten keine Ruhe herrschte. Ich sagte zwar die Zahlen laut vor, aber naja, das funktioniert theoretisch immer besser als in der Praxis. Später wurden sie dann brav ruhig, und es hängte von meinen Taten ab, ob es lauter wurde. Das kennt ihr vielleicht, da ist es komplett leise, genau so wie man es eigentlich will, und dann denkt man sich, ein Tipp oder sowas wäre jetzt angebracht, natürlich gut gemeint, und dann sagt man eben einmal so was wie: ´´Remember the reciprocal, when you divide fractions´´. Ja, und schon wirds ein bisschen lauter. Mir ist was Ähnliches bei einem Konzert passiert, bei meinem ersten in Wien, im slowenischen Klub (eines meiner besten Konzerte, am 7.Mai 2010, weiß ich noch genau!), da war ich wirklich gerührt, wie leise und aufmerksam die rund 70 Leute waren, und hab nach 4 Songs gesagt, wie schön das für mich ist, dass alle so brav leise sind, und mir zuhören. Ich werde das Publikum nie mehr auf diese Art loben, das war meine Lehre an diesem Abend, denn ab Song Nummer 5 wars plötzlich laut. Niemals das Publikum loben, das wird dann unverschämt.
Naja, ich habe die Trainees ja vorgewarnt, dass ich bei verdächtigem Verhalten interveniere, und die Tests frühzeitig einheimse. Einmal hatte ich schon zwei Arbeiten in der Hand, gab sie dann aber zurück, mit einem sehr strengen Blick den zwei Sündern geltend. Da hat mich dann das Gewissen gepackt. So viel Getuschel macht einen als Lehrer etwas nervös, und irgendwann hab ich, nach zwei Ermahnungen an die Stille, die Lautstärke ausgepackt, und die Menge angebrüllt. Das klingt jetzt etwas hart, aber manchmal hat so eine Situation das nötig. Ich merke das bei den Trainees sehr stark. Die Jungs hab ich einfach schon gut unter Kontrolle, ich weiß mit ihnen umzugehen, aber die Gleichaltrigen sind nicht so leicht zu beherrschen, ich muss ihnen ganz klar zeigen, dass ich eine Autoritätsperson bin, und das funktioniert durch Stärke. Ich schreie nicht, weil ich wütend bin, sondern wegen dem ´´Aha-Effekt´´. Da merken sie dann , dass ich was zum Sagen habe. Denn abgesehen davon, dass ich grundsätzlich ein (oft übertrieben) freundlicher Mensch bin, befinde ich mich in einem charakterlichen Zwiespalt. Einerseits eben Lehrer, andererseits ist es mein Job (meiner Meinung nach), den Leuten hier nahe zu sein, und da verstehen manche meine Person oftmals falsch, oder sind verwirrt.
Ich glaube jetzt jedoch, das Gedankenleben von Lehrern besser zu verstehen, beziehungsweise die gedankliche Beziehung zu den Schülern. An sowas hab ich früher nie gedacht. Ich habe über Lehrer nie viel nachgedacht, deshalb hat es mich etwas überrascht, wie emotional ich die Mathe Tests korrigiert habe. Ich habe mich über jede positive Note gefreut, und hab wirklich versucht jeder einzelnen Arbeit jeden nur möglichen Punkt zu geben. Als ich den bisher Besten ihre Note mitgeteilt habe, war das, als hätte ich einen 3er in Mathe zu meiner Schulzeit zurückbekommen (ok, Noten waren mir irgendwann einmal egal), sprich ich hab mich wirklich mit ihnen mitgefreut. Dieser Job des Lehrens ist eigentlich eine wunderbare Sache. Da hat ein Mensch etwas, das ihn wirklich interessiert, ein Hobby zum Beispiel, wie über-Menschen-nachdenken, und wird dann Psychologie/Philosophie Professor. Sprich, er will anderen Seelen, dieses Interesse näherbringen, von einer Faszination berichten, diese teilen. In der Theorie sehr schön, in der Praxis aber sind die meisten Lehrer extremst uninspiriert, was ich schade finde. Es braucht Menschen, die für das was sie lehren, leben, es fühlen. Mein alter Biologie-Professor in Viktring zum Beispiel war der Hammer. So wie er über den menschlichen Körper geredet, die Natur bewundert, das Leben gepriesen hat – so muss es sein.
Nun aber genug der Lehrereien. Hauptsächlich wurde für das Konzert am Samstag geprobt, was beides, Zeit und Kraft in Anspruch nahm. Dass ich den Transport und etwaige Modalitäten selbst zu klären habe, wurde mir erst einen Tag vor dem Konzert gesagt, obwohl mir Father Noel sagte, dass Father Bong ´´in charge of the organisation´´ ist. Dieser wiederum leitete mich auf Father Cyril weiter, der mich, den Komplikationskreis schließend, zurück zu Father Noel schickte, per Sms jedoch, denn letzterer war inzwischen außerhalb. Father Noels kurze Antwort: Arrange with Father Cyril. Der hat mich dann an Allen Joy weitergepasst, und diese hat dann gesagt, dass Nanette gerade am Ort des Konzertes ist. Von ihr erhielt ich keine Antwort auf meine Sms, also war ich angefressen, und ohne Plan. Zum Glück ist dann aber ein Typ aufgetaucht, der unbedingt mit uns ´´Desert Moon´´, die alte 80s´Schnulze von Dennis Deyoung singen wollte. Ihn hatte ich bereits zwei Wochen zuvor gesehen, als Teil des Organisationsteams, das uns besucht hat, und ich erfuhr von ihm alles was ich brauchte. Das Konzert solle während einem Supper stattfinden, anlässlich dem 40-Jahres-Jubiläum der philippinischen ´´Knights Of Columbus´´. Und mit dem Konzert, das wir im Februar hatten, war das nicht verwandt, wie mir ständig gesagt wurde.
Sein Name ist Brother Anoy, und ich habe ihn anfangs ständig Aloy genannt, was, wie ich später herausfand, Fisch heißt. Die Jungs haben mich da natürlich ziemlich ausgelacht, Brother Anoy hats gar nicht gemerkt. Jedenfalls, es war bereits Freitag,und wir hatten unsere 23 Songs noch immer nicht perfektioniert, und dann kam da eben plötzlich Desert Moon. Das hat mich ein bisschen aus dem Konzept geworfen,weil die Zeit zum Proben wirklich wertvoll genutzt werden musste, und Father Cyril mischte sich jetzt plötzlich in die Proben mit ein, und wollte Brother Anoy, der eine zerbrechlich schöne Stimme hat, die Hälfte der Songs, die wir bereits fertig geprobt hatten, singen lassen. Und dabei hatten wir mit Desert Moon noch gar nicht angefangen. Was folgte, war wahrscheinlich eine meiner musikalischen Sonderleistungen, denn ich hörte mir den Song, den ich vorher gar nicht kannte, viermal an, und arrangierte dann für zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug eine halbwegs passable Interpretation (der ich am Ende einen Wilco-esquen Touch verlieh). Und das innerhalb einer Stunde. Danach war der Song eingespielt, und es konnte weitergetan werden. Einer der Trainees stieß außerdem hinzu, da wir einen Sänger für philippinische und die höheren Songs benötigten. Teds, so sein Name, hatte allerdings das bittere Schicksal, nach dem ersten Probedurchgang seiner 7 Songs von der Heiserkeit eingeholt worden zu sein. Deshalb kam er am Tag danach nur zu 2 Songs. Aber er ist ein talentierter Kerl, auch gitarrentechnisch super unterwegs – die Zeit die er hier verbringt, wird er wohl konstanter Teil der Band sein.
Irgendwie haben wirs dann doch geschafft, alle Songs auf ein spielbares Niveau zu bringen. Dann am nächsten Tag gings früh los, auf meinen Wunsch, damit wir einen ausgiebigen Soundcheck halten konnten. Die Kompliaktionen, die dann auftauchten (ohne geht es einfach nicht), will ich jetzt nicht erläutern, aber ich bin froh, dass ich den Angaben Anoys nicht hundertprozentig vertraut habe, und unser eigenes Equipment entgegen den Befehlen Father Cyrils mitgenommen habe. Was Organisation betrifft, habe ich nach all dieser Zeit einfach kein Vertrauen mehr in Filipinos. Da bin sogar ich organisierter, und das heißt was. Wie auch immer, das Mikrofon war mir hold, und zerstörte meine Stimme nicht, im Gegensatz zum projekteigenen Probemikro, dessen größter Feind das Ohr ist.
Das Konzert wurde in drei Teile gegliedert, Gathering – Supper – Afterfoodparty. Am Anfang spielten wir die ruhigen Songs, Tagalog Sachen und so. Nach bereits drei Songs, die wir eher schwimmend über die Bühne brachten, begann die Veranstaltung, also das ganze Gerede. Erwähnenswert waren die Knights, die sich so kleideten, wie man sich Columbus eben vorstellt. Diese mittelalterliche Mode eben, ein Schwert an der Hüfte, und fesche übertrieben große Mützen mit schwarzem Fähnlein. Die sind da militärisch aufmarschiert, und den Großteil der Zeit brav dagestanden, wie die reinste Schweizer Garde. Die Moderatoren waren nervig, aber nicht penetrant, was meine positive Überraschung für diesen Abend beschreibt. Unser Hauptprogramm bestand aus Songs wie ´´Stand By Me´´, ´´Temple Of the King´´, ´´I’m Yours´´, ´´Wonderful World´´ etc. - bunt durchgemischt, und dennoch kommerziell greifbar. Ich hab mir nie im Leben gedacht, dass ich einmal Green Day singe, aber am Samstag war es dann soweit, da spielten wir nämlich 21 Guns. Ich bin froh, wenn ich das nicht mehr machen muss. Ich werde lieber mit Jack Johnson verglichen, als mit Billy Joel (ist das sein Name, und wenn ja, woher weiß ich das??? – Danke Point und Bravo!!!! (Justin Bieber und Achsel-Regenbogen forever!!!)). Die Emo-Kultur ist auf den Phils gerade am Entstehen.
Den Leuten hats gefallen, und ich dürfte hier als Sänger schon so etwas wie eine regionale Berühmtheit sein, denn jemand hat mir gesagt, dass die Gerüchte um meine Stimme wahr seien. Keine Ahnung, was da getratscht wird, aber die Tatsache, dass ich letztens über drei Ecken erfuhr, dass ich schleunigst drei Pfandflaschen Bier, die ich am Donnerstag gekauft hatte, zurückbringen solle, hat mich stutzig gemacht. Eine der wichtigen Frauen des Abends hat es sehr schade gefunden, dass dies in Anbetracht meiner nahen Abreise wahrscheinlich das letzte Mal war, dass man meine Stimme live hören konnte. Mir war das Ganze ein bisschen zuwider, denn eigentlich will ich ja nur, dass die Jungs gelobt werden. Ich bin mir da wurscht. Aber naja, dann muss ich eben in den verbleibenden Wochen Gas geben, und den Jungs noch so viel wie möglich mitgeben.
Gerade scheint die Sonne. Das ist diese Art von Sonne, die zwischen zwei Taifunen liegt. Trügerisch. Die Regenzeit macht ihrem Namen alle Ehre.
Ein herzliches Wuff von meiner Seite für die eurigen Ohren und Augen!